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Mit Mut zum Fokus!
Der Channel befindet sich im Wandel.

Im Interview erläutert Mark Stuyt, Sales- und Neuromarketing-Experte, wie Channelpartner ihr Geschäftsmodell verändern können, um sich darauf einzustellen. Außerdem verrät er, wie sich Neurowissenschaft für die Kundengewinnung nutzen lässt.

Alle Welt spricht von der Notwendigkeit eines Wandels des Channels.
Was ist die treibende Kraft dahinter?

Maßgeblich sind vor allem zwei Treiber; keiner von beiden hat etwas mit dem Channel zu tun. Der erste ist ein verändertes Kaufverhalten der Kunden. Sie sind bereits gut informiert, wenn sie mit einem Channelpartner Verbindung aufnehmen. Sie recherchieren -online, kontaktieren ihresgleichen, manche heuern sogar externe Berater an, die für sie Researchs durchführen. Und sie kommen mit höheren Erwartungen: Sie gehen davon aus, dass sie eine Lösung bekommen, die relativ leicht anzuwenden ist, nur begrenzt Schulung erfordert und rasch einen bedeutenden geschäftlichen Nutzen bringt.

Die zweite treibende Kraft sind betriebswirtschaftliche Aspekte auf Partnerseite. Die Käufer wollen heute deutlich weniger im Vorfeld ausgeben, sie wollen Lösungen implementieren, die für ihre ­Branche vorkonfiguriert wurden. Und dann dafür auf Abonnement-Basis zahlen. Das hat ganz wesentliche Auswirkungen auf zugrunde liegende Partner-Geschäftsmodelle. Sie zwingen die Partner dazu, ernsthaft über eine Fokussierung auf bestimmte Industriesegmente nachzudenken, über die Entwicklung von mehr Fachexpertise, mit der sie sich von horizontal fokussierten Wettbewerbern unterscheiden. Früher war es relativ einfach, einen Kaufinteressenten dazu zu bringen, im Gegenzug für einen Nachlass mehr Lizenzen zu erwerben. Heute wollen die Käufer nur für die geforderte Mindestzahl an Usern bezahlen. Und sie wollen pro User und monatlich bezahlen. Trotzdem entstehen weiterhin im Vorfeld Kosten für Kundenakquisition – nur ohne Aussicht auf die großen Lizenzmargen, wie man sie früher erzielen konnte.

Welchen Risiken sind Channelpartner während des Wandels ausgesetzt?

Primär hausgemachten Herausforderungen. Viele versuchen, so lange wie möglich ihr traditionelles Geschäft in Form von Projekt- und Managed-Services beizubehalten. Das bedeutet: Die Channelpartner zögern die Entwicklung von eigener Expertise oder den Zusammenschluss mit einem Independent Software Vendor (ISV) hinaus, um sich im Markt abzugrenzen und höhere Margen zu erzielen.

Wer als Channelpartner nicht in eine Lösungsdifferenzierung investiert oder wenigstens eine ansprechende Website entwickelt hat, die Traffic generiert und die Konvertierungsrate erhöht, dem bleiben nur geringere Umsatzerlöse. Zugleich muss er intensiv in die Kundenakquise investieren.

Wie wenden Sie ganz konkret Neurowissenschaft an, um Unternehmen bei der Kundengewinnung und bei Wachstumsstrategien zu unterstützen?

Auf die Geschäftspraxis von Partnern in zweierlei Form. Erstens im Bereich Vertrieb, wo man häufig glaubt, dass ein potenzieller Kunde seine Entscheidungen am Ende des Einkaufsprozesses trifft. Aus der Neurowissenschaft wissen wir, dass unser Gehirn so „verdrahtet“ ist, dass wir recht schnell und frühzeitig innerhalb des Zeitraums, in dem wir uns mit dem Thema befassen, Entscheidungen treffen und diese dann während des restlichen Teils des Kaufprozesses bestätigen oder rechtfertigen. Zu Beginn helfen wir unseren Klienten, ihren Verkaufsvorgang um einen verlagerten strategischen Wendepunkt herum neu aufzubauen – nämlich den Moment, wo ein potenzieller Kunde sich bewusst oder unbewusst für unseren Klienten entscheidet, d.h. man geht vom Ende des Engagement-Cycles zum Anfang.

Wir nennen dies „front-end loading the deal!”. Indem unsere ­Klienten ihre ­beste Arbeit und ihre Investitionen nach vorne stellen, richten sie ihren Verkaufsvorgang daran aus, wie das menschliche Gehirn bevorzugt Entscheidungen trifft.

Dadurch steigern unsere Klienten
ihre Abschlussrate
und senken die Vertriebskosten.

Das hilft ihnen bei der Entscheidung, wann es an der Zeit ist, von einem Deal zurückzutreten, weil man ihn ohnehin nicht zum Abschluss bringen kann.

Der zweite Bereich ist natürlich Marketing. Besonders im Bereich B2C ist enormer Forschungsaufwand betrieben worden. Wir unter­stützen unsere Klienten bei der Anwendung dieser bewährten Grundsätze, etwa welche Bilder im B2B-Umfeld infrage kommen und welche Sprache verwendet werden sollte. Durch die Lupe der Neurowissenschaft betrachtet gibt es nur wenige von Channelpartnern verfasste Website-CTAs (Call-to-Action), welche die emotionale Seite des kaufenden Gehirns ansprechen. Die meisten Nutzenversprechen, Benefitaussagen und Lösungsbeschreibungen sind logisch strukturiert, ignorieren dabei aber die Emotionen des Käufers. Leider reagiert jener Teil des Gehirns, der die Entscheidung trifft, darauf nicht.

Wie wird sich Ihrer Meinung nach das Channel-Ökosystem in den nächsten fünf Jahren entwickeln?

Es wird einem bedeutenden Wandel unterzogen. Diese Veränderung zwingt sämtliche Kategorien von Channelpartnern auf ein höheres ­Niveau beim Thema Value Delivery.

Ich bin überzeugt: Technologieprovider, die sich spezialisieren – nach Branchen, Verticals oder Workloads – und die sich weiterentwickeln (oder Partnerschaften eingehen), um ihren Kunden Lösungs-Sets zur Verfügung zu stellen, die bedeutende geschäftliche Herausforderungen in Angriff nehmen, werden weiter wachsen. Die Cloud nimmt dem Entscheidungskriterium „Geografische Nähe“ wirkungsvoll die Kraft, und das wird sich in Zukunft noch weiter fortsetzen. Auf fünf Jahre betrachtet wird es dann vielleicht auf der einen Seite eine ­kleine Anzahl großer Channelpartner geben, die Massenprodukte und ­services mit geringen Margen anbieten. Auf der anderen Seite werden sich hochprofitable, marketinggetriebene Partner auf ihre Nischen spezialisieren. Für diejenigen dazwischen könnte es schwierig sein, ein funktionierendes Geschäftsmodell zu finden.

Die Tage der Generalisten neigen sich dem Ende zu. Ich nehme an, in fünf Jahren werden wir nicht mehr allzu viele von ihnen sehen.

Mark Stuyt,
Chief Engagement Officer, Neural Impact

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